Fischerhütter Erklärung

Der Kanal trennt – die Fähren verbinden. Aber nur wenn sie auch fahren!

Seit 128 Jahren trennt der Nordostseekanal Schleswig-Holstein, doch von Beginn an war festgelegt, dass die Menschen beiderseits des Kanals in Verbindung bleiben müssen. Diese Aufgabe der Kette von Brücken und Fähren ist bis heute unverändert. Der Bund hat beständig die Pflicht, diese Aufgabe zu erfüllen.

Aufgrund vielfältiger Ursachen klappt dies in den letzten ein bis zwei Jahren immer weniger. Die meisten Ausfälle sind auf technische Mängel der überalterten Fähren – über 60 Jahre im Falle Fischer-hütte – oder auf Personalmangel zurückzuführen. Letzterer ist nicht einfach mit dem allgemeinen Fachkräftemangel zu erklären, sondern auch mit dem sehr demotivierenden Umgang mit den Mitarbei-tern, welche allesamt mangelnde Kommunikation, nicht planbare Freizeit, fehlende Wertschätzung und arbeitsrechtlich nicht vertretbare Arbeitszeiten beklagen und sich als letztes Glied einer Kette von Desorganisation und Nichtzuständigkeiten empfinden.

Die Fähre Fischerhütte, deren Betriebszeiten Anfang der 90er Jahre im Einvernehmen mit den Anlie-gerkommunen auf 16 Stunden täglich reduziert wurde, hat in diesem Jahr, Stand 10.10.23, 20 % der als Betriebszeit vorgegebene Stunden nicht geleistet, an 40% aller Tage wurde gar nicht, mit mehr-stündiger Verspätung oder im 10-Std.-Einschichtbetrieb gefahren. Der 10 Stunden Einschichtbetrieb wurde willkürlich auf die Zeit von 10:00 bis 20:00 festgelegt, was an den Nutzerinteressen völlig vor-bei geht, die meisten Nutzer sind Landwirte und Lohnunternehmen, Berufspendler, Handwerker und brauchen den Fährverkehr am Morgen und am späten Nachmittag. Ein großer Teil der früheren regel-mäßigen Nutzer fährt nun von vorn herein Umwege über die Grünentaler Brücke oder die Fähre Oldenbüttel, da auch auf die reduzierten Zeiten kein Verlass ist.

Besonders ärgerlich für die Fährnutzer ist – bei allem Verständnis für die schwierige und nicht ad hoc zu lösende Situation – der Eindruck, dass die Probleme, die der unzuverlässige Fährbetrieb für uns Nutzer verursacht, nicht wahrgenommen oder jedenfalls nicht ernst genommen werden. Nicht vom Bund, nicht vom Land, nicht vom Bemannungsunternehmen.

Wie sonst wäre es zu erklären, dass von keiner verantwortlichen Seite ein Bemühen erkennbar ist, die Fährnutzer wenigstens hinreichend und aktuell zu informieren? So stehen an den Zufahrten zur nun im dritten Monat nur von 10 bis max. 20 Uhr verkehrenden Fähre Fischerhütte bis heute Schilder, die ei-nen Fährbetrieb von 6 bis 22 Uhr ankündigen. Zusätzliche Ausfälle werden nicht bekannt gegeben, bei kurzfristigen Ausfällen oft nicht einmal an der Fährstelle selbst.

Wie sonst wäre es zu erklären, dass die aktuell reduzierte Betriebszeit am Nutzerbedarf völlig vorbei-geht? Eine Absprache mit den Kommunen vor Ort hätte sicher zu günstigeren Zeiten geführt.

Die Folgen dieser Misere für die Menschen vor Ort sind vielfältig: Lohnunternehmen können Aufträge auf der anderen Kanalseite nicht annehmen oder nicht erfüllen. Arbeitnehmer kommen zu spät an ihren Arbeitsplatz, Handwerker zu spät zum Kunden. Arzttermine werden verpasst, alte Menschen warten vergeblich auf den Besuch ihrer Enkel, Radtouristen stehen hilflos im Regen. Und die Fährausfälle verursachen Kosten: Nach einer groben Berechnung verursachen derzeit ca. 300 tägl. Umwegfahrten von im Schnitt 10 km plus ca. 40 vergebliche 8km Stichfahrten zur Fähre monatlich ca. 100.000 zu-sätzliche km auf den Umwegstrecken.

Kurzum: Der Bund erfüllt seine seit 125 Jahren bestehende Verpflichtungen nicht mehr.

Wir, die IG Fährnutzer, stellen folgende Forderungen an Land und Bund:

1) Unverzügliche Befassung der Landespolitik als Betreiber der Landesstraßen mit der Situation,
2) Ab sofort verlässliche und aktuelle Bekanntmachung zu Fährausfällen an den Zufahrtsstraßen, im Internet und über die Rundfunk-Verkehrsmeldungen.
3) Festlegung zukünftiger Einschränkungen der Betriebszeiten in Absprache mit den betroffenen Kommunen und der IG Fährnutzer.
4) Schnellstmögliche Maßnahmen zur Sicherstellung eines verlässlichen Fährverkehrs auf dem NOK durch Investitionen in die Technik und eine verbesserte Personalpolitik.
5) Schnellstmögliche Bereitstellung der für diese Maßnahmen erforderlichen Finanzmittel.